BDE und MES – Auf dem Weg in die vierte industrielle Revolution

Nach der Dampfmaschine und dem Fließband kam die Digitalisierung. Elektronik und IT bestimmten den dritten disruptiven Veränderungsprozess in den Fabriken. Mittlerweile sind wir auf dem besten Weg zur Industrie 4.0. Daten werden zum wichtigsten Kapital. Die Begriffe Betriebsdatenerfassung und Manufacturing Execution System gehören dabei zum großen Feld des Internets der Dinge.

Physische Objekte in der virtuellen Welt

Nicht nur Computer sind mit dem Internet verbunden. Wir haben uns daran gewöhnt, dass unsere Heizungsthermostate und unsere Rollladensteuerung online sind und wir sie über Smartphone oder Wearables bedienen können. In der industriellen Fertigung ist das nicht anders. Informationen aus der realen Welt werden erfasst, verknüpft und online in einem Netzwerk verfügbar gemacht. IT-Experten rechnen damit, dass die Zahl der mit dem Internet verknüpften Devices von derzeit etwa neun Milliarden bis 2030 auf mehr als 25 Milliarden weltweit steigen wird. Sie bilden das Internet der Dinge, meist englischsprachig abgekürzt als IoT für Internet of Things.

Betriebsdatenerfassung schafft die Basis

Die Betriebsdatenerfassung (BDE) steht am Beginn der Informationsbeschaffung für das IoT. Hier wird die Erfassung von Betriebsabläufen im Unternehmen automatisiert, wobei auch mehrere parallele Abläufe aufgezeichnet werden können. Aus den Ein- und Ausgabesignalen werden Daten generiert. Sie werden in der Planung von Kapazitäten und Ressourcen verwendet, dienen dem Erstellen von Arbeitsplänen und Stücklisten und haben zudem einen direkten Kundennutzen bei der Terminierung von Aufträgen. In der Praxis besteht ein BDE-System aus einer ganzen Reihe von Hardware- und Software-Komponenten. Zur Hardware gehören sowohl Sensoren (automatische Datengeber) als auch manuelle Erfassungsstationen. Die automatische Erfassung kann durch Kennzeichnung von Artikeln durch RFID-Etiketten oder Barcodes unterstützt werden. Manuell in die BDE aufgenommen werden beispielsweise Arbeitszeitbuchungen der Mitarbeitenden und Ergebnisse einer Qualitätsprüfung.

Kosten optimieren mit dem Manufacturing Execution System

Typische BDE-Systeme finden sich vor allem in Produktionsbereichen. Von dort werden Daten an einen Leitstand oder ein Manufacturing Execution System (MES System) übertragen. Die Vorteile eines MES-Systems sind unumstritten. Deshalb gibt es national wie international verschiedene Ansätze der Standardisierung. In Deutschland haben die VDI-Richtlinie 5600 (Fertigungsmanagementsysteme) sowie der Standards ISA-95 (Integration von Unternehmens- und Betriebsleitebene) des Standardisierungsgremium der Automatisierungsbranche die größte Bedeutung. Das MES steht in der Pyramide der Automatisierung recht weit oben, auf der Betriebsleitebene, und erhält weitere Daten zum Beispiel aus der Maschinendatenerfassung (MDE). Aus den MES-Daten lassen sich eine Menge Erkenntnisse gewinnen, vor allem, wenn für die Interpretation der riesigen Datenmengen künstliche Intelligenz eingesetzt wird. Das ist aber kein Selbstzweck – wie so oft im Wirtschaftsleben geht es um Kosten. Mit einem Ablaufplan für die Fertigung, der Ressourcenplanung, dem Einplanen optimaler Zeitfenster für notwendige Wartungsarbeiten und einer Schnittstelle zur Materialwirtschaft lässt sich im gesamten Prozess die Produktivität deutlich steigern, ohne Qualitätseinbußen hinnehmen zu müssen. Im Gegenteil, Produktionsfehler werden schneller erkannt und Produkte sind rückverfolgbar („track and trace“). Wird eine Rückruf notwendig, kann die betroffene Charge eng eingegrenzt werden. Das spielt auch bei der Risikobeurteilung durch den Versicherer eine Rolle, wenn es um Produkthaftung und Rückrufkosten geht.

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